Anwendungsmöglichkeiten eines elektronischen Kraftsensors

Vortrag von Rolf Herold im Rahmen des fachdidaktischen Kolloquiums
am Physikalischen Institut der
Universität Erlangen - Didaktik der Physik am 26.01.1999

 

Übersicht

1.Teil

Überblick

Gerätebeschreibung
Beschreibung des verwendeten Systems
Nutzungsmöglichkeiten / Anwendungsübersicht

- Direkte Kraftanzeige
-
Messwerterfassung mit einem Computer

Videosequenz mit Versuchen und Anmerkungen

2. Teil

Unterrichtsgang zur Erarbeitung des Drehmoments und
der Gesetzmäßigkeiten am Hebel unter Verwendung des Kraftsensors

Anhang

Angebote der Lehrmittelfirmen

 

 

Gerätebeschreibung

-> Artikel zu Dehnungsmessstreifen von Prof. Schneider in "Wege in der Physik-Didaktik", Bd.2 (S.107ff)

 

Funktionsprinzip:
Ein Draht (oder eine geätzte Metallfolie) wird in Form einer Messschleife der zu messenden mechanischen Belastung ausgesetzt => Änderung des el. Widerstands wobei
DR/R proportional zur Dehnung Dl/l ist.

Anzeige:
Den Wert von
DR/R zur Anzeige zu bringen ist lediglich ein elektronisches Problem, dessen Lösung im wesentlichen zwei Schritte umfasst:
a) Der Dehnungsmessstreifen wird in eine Wheatstone-Brücke eingebaut, so dass man ein zu
DR/R proportionales Spannungssignal erhält.
b) Das kleine Spannungssignal wird um den Faktor 100 bis 1000 verstärkt und kann nun von der Umwelt aufgenommen und als Messwert für die wirkende Kraft interpretiert werden.

 

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Nutzungsmöglichkeiten / Anwendungsübersicht
Direkte Kraftanzeige

ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Kraftwertes

. Versuch: Hangabtriebskraft
Anmerkung: Das Eigengewicht der Messfeder wird bei FH || FG (90°) durch das Messsystem kompensiert.
Für Winkel < 90° ergibt sich durch diese Kompensation eine negative Kraftanzeige auch wenn keine Last am System angreift.
Zur Ermittlung genauer Werte für FH bestimmt man zunächst ohne Last die folgende Tabelle

 

alpha in Grad

0

10

20

30

40

50

60

70

FSystem

.

.

.

.

.

.

.

.

 

. außerdem:

- magnetische Kraft / Abschirmung
- Kraft auf stromführende Leiter
- Reibung (-> 1.5)
- Auftriebskraft

 

. Versuch: Simulation der Kräfte auf ein Raumschiff auf der Reise von der Erde zum Mond

Die Anziehungskräfte von Erde und Mond werden durch zwei stromdurchflossene Spulen (eine mit Eisenkern) simuliert. Als Raumkapsel dient ein kleiner aber starker Magnet (STARK-Verlag), der am Kraftsensorbaustein befestigt wird. Der ganze Kraftsensorbaustein wird auf einen Hebetisch montiert und kann so langsam von der einen Spule zur anderen bewegt werden. Auf den Eisenkern wird ein Stück Styropor gelegt, damit die "Raumkapsel" nicht zu nahe an den Eisenkern herankommt.

 

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Zur Messwerterfassung mit einem Computer

. Versuch: Verformung F(Ds)
Der Versuchsaufbau erfordert einen Motor, der extrem gleichmäßig läuft und problemlos von Vorwärts- auf Rückwärtslauf umgestellt werden kann.
Vom Computer wird F in Abhängigkeit von t aufgezeichnet; aufgrund der konstanten Geschwindigkeit des Motors erhält man damit aber auch F(s) bzw. bei geeignetem Startpunkt F(
Ds).
Im Gegensatz zum herkömmlichen Vorgehen, bei dem die Kraft durch Auflegen von Massestücken vorgegeben und die dazugehörige Längenänderung gemessen wird, liefert dieser Versuch unmittelbar bei einer härteren Feder auch eine steilere Gerade.
Auch die mitunter recht schwierige Unterscheidung von Kraft und Masse im Anfangsunterricht wird durch diese Variante unterstützt da eben keine Gewichtskräfte im Spiel sind.
Zur Einführung in das Thema elastische Verformung ist sicher ein Schülerversuch oder das übliche Vorgehen: Feder - Massestücke ... besser geeignet als der doch recht komplizierte Aufbau ( ! Realschule: Anfangsunterricht) mit Kraftsensor. Der Aufbau ermöglich aber einen raschen Vergleich verschiedener Federn oder eben auch das Aufzeigen des seltsamen Verhaltens eines Gummibandes. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Schüler bei der Interpretation der Diagramme sehr motiviert mitgearbeitet und dabei sehr viel nicht nur über das hookesche Gesetz gelernt haben.

 

. Reibung:
Die konstante Drehzahl des Plattentellers eines Plattenspielers bewirkt eine dauerhafte gleichförmige Bewegung.
Der Probekörper, der auf der sich unter ihm wegdrehenden Oberfläche gleitet, stößt an den Kraftsensor und ruft eine Kraftanzeige hervor. Da sich der Körper während des Versuches in Ruhe befindet kann auf die Gleichheit der Beträge von Reibungskraft und angezeigter Kraft geschlossen werden.
Eine Nullwertkorrektur ist erforderlich - entweder durch nachträgliches Subtrahieren des anfangs angezeigten Wertes oder durch eine Feder, die man vor Versuchsbeginn so befestigt, dass eben der Wert Null angezeigt wird.
Beim Versuch muss man darauf achten, dass der Probekörper immer an der gleichen Stelle am Sensor anliegt und dass die Massestücke zur Vergrößerung der Anpresskraft immer an gleicher Stelle auf den Probekörper aufgelegt werden.

 

. Versuch: Hebel (-> 2. Teil)

 

. Versuch: Auftrieb
Üblicherweise wird das Archimedische Gesetz induktiv oder deduktiv (mit experimenteller Überprüfung) erarbeitet. Ich schlage den folgenden Weg vor:
- exp. Bestätigung der Erfahrung, dass man sich umso leichter fühlt je weiter man in ein Schwimmbecken hineinsteigt
(Versuch: Ein Metallquader wird am Kraftsensor befestigt und in eine leere Glaswanne gehängt; das Programm zur Erfassung der am Kraftmesser wirkenden Kraft wird gestartet; über einen Schlauch wird die Wanne aus der Wasserleitung mit konstanter Zuflussmenge langsam gefüllt ...)
- Erarbeitung der Ursachen für die gegen die Anziehung wirkende Kraft "aus dem Wasser" über den Schweredruck
=> FA = r g . h . A
Bestätigung der Proportionalität F ~ h bei A = konst. aus dem Messwertdiagramm
- Bestätigung des Einflusses von A im Versuch
- Erläuterung der Tatsache, dass F nach vollständigem Eintauchen konstant bleibt und Zusammenfassen von h . A zu V

 

Vorschläge aus den Katalogen / Beschreibungen der Lehrmittelfirmen:

- Leybold: Coulombsches Gesetz / Kraft auf stromführende Leiter
- NTL: Kräfteverteilung am Wellrad / Gedämpfte Schwingung einer Blattfeder
- Steinegger: Radialkraft / Haft- und Gleitreibung
- Phywe: Oberflächenspannung

 

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2. Teil Erarbeitung des Hebels

Ziel:
Erarbeitung der Größe "Drehmoment" und der Gesetzmäßigkeiten am Hebel aus dynamischer Sicht.
Sehr oft wird in der Literatur und wohl auch im Unterricht bei der Bearbeitung des Themas Hebel vom Gleichgewichtszustand ausgegangen.
Entscheidend ist aber für die Anwendung des Hebels die dynamische Sichtweise da man im allgemeinen einen Vorgang in Gang setzen will: Herausziehen eines Nagels - Öffnen einer Flasche - Abzwicken eines Drahtes.
=> Interessant ist beim Hebel die Wirkung, die mit einer bestimmten Kraft hervorgerufen werden kann - diese wird im folgenden mit FW bezeichnet.

Ablauf der Unterrichtseinheit
1. Messung der Größe der wirkenden Kraft FW in Abhängigkeit von der eingesetzten Kraft Fe ohne den Weg zu berücksichtigen (z.B. weil man trotz aller Anstrengung einen Nagel nicht lösen kann !)
-> FW <-> Fe
=> Ergebnis: FW ~ F

2. Messung der Größe der wirkenden Kraft FW in Abhängigkeit vom Angriffspunkt der eingesetzten Kraft F
-> Versuch zu FW(a) mit dem Kraftsensor

=> Ergebnis: FW ~ a

3. Messung der Größe der wirkenden Kraft FW bei gleichzeitiger Veränderung von F und a

Die Messreihe führt (nach interessanten Versuchen die Werte für FW bei einer neuen Konstellation vorherzusagen) zum Ergebnis FW ~ F . a
-> Definition des Drehmoments als Maß für die Wirkung einer Kraft am Hebel
Anmerkung: Zusammenfassung von zwei Proportionalitäten!

 

a

1

3

2

4

3

Fe

0,5

1,5

2

1

1

FW

0,8

..

..

..

..

F . a

..

..

..

..

..

 

- Aus der Mathematik:
direkte Proportionalität bedeutet immer auch Quotientengleichheit - hier: Berechnung des Quotienten
F . a : FW => Einheit "cm" !?
-> F . a : FW = aW bzw. F . a = FW . aW -> Formulierung des Hebelgesetzes

Zurück zum dynamischen Aspekt:
Wenn die Wirkung einer Kraft größer ist als die Reibung zwischen Nagel und Holz, so bewegt sich der Nagel.
Aus dem Vergleich von Kraft und Kraftweg mit Last und Lastweg (möglich über Scheitelwinkel und Kreisbogenlängen) erhält man eine erste Aussage zur goldenen Regel der Mechanik.

 

 

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Gerätebezeichnung

 

Anhang: Angebote der Lehrmittelfirmen

.

Phywe

.

Gerätebezeichnung:

Newton-Sensor
mit Messmodul Newton

Kurzbeschreibung:

Messung von Zug- und Druckkräften bis 4N
Auflösung: 0,0035mN
zum Aufstecken auf das COBRA-Interface

zusätzlich *:

Interface COBRA
Software
Kabel ...

Steinegger

.

Gerätebezeichnung

Digitale Federwaage

Kurzbeschreibung:

Messung von Zug- und Druckkräften bis 5000g ?
Auflösung 1g bzw. 0,01N
serielle Schnittstelle mit Stromversorgung für Großanzeige oder Demomultimeter (DDM)
bei Batteriebetrieb keine Zusatzgeräte nötig

empfehlenswert:

Großanzeige oder besser
Demonstrations-Digitalmultimeter
(zur Messung von U,I,P,R,J,pH,f,
Dt)

Leybold

.

Gerätebezeichnung:

Kraftsensor

Kurzbeschreibung:

Messung von Zug- und Druckkräften bis 2N
Auflösung < 0,01mN

zusätzlich * :

Newtonmeter und Zubehör
oder
Brückenbox (zum Anschluss an CASSY)

NTL

.

Gerätebezeichnung:

Kraftsensorbaustein

Kurzbeschreibung:

Messung von Zug- und Druckkräften bis 10N
Auflösung 1mN

Zusatzgeräte:

üblicher Spannungsmesser mit Messbereich 3V *
Netzteil *
Anschlusskabel *

zur Erfassung von Kräften in N:
beliebiges Interface mit Programm zum Aufnehmen der Spannungswerte

* unbedingt erforderliches Zusatzgerät